Zum Inhalt springen

Am Ende der Welt

Zugegebenermaßen, da die Welt rund ist, kann es ein Ende der Welt nicht wirklich geben. Aber Einstein zufolge ist alles relativ und relativ zu Deutschland gesehen war ich in den letzten Tagen wenn schon nicht direkt am Arsch der Welt, dann wenigstens dem globalen Austrittspunkt verdauter Nahrung sehr nah.

Das heißt ungefähr so viel wie, ich war nicht nur im am weitesten von Deutschland entferntesten Land (Neuseeland, für alle, die es nicht mitbekommen haben), sondern dort am Ende des Landes (kann man dank der länglichen Form so ausdrücken). Das nördliche Ende um genau zu sein. Cape Reinga um genauer zu sein.

Aber erstmal ein paar Schritte zurück. Endlich habe ich es mal raus aus Auckland geschafft und bin mit dem Bus Richtung Norden nach Paihia gefahren. Das ist ein – wenn nicht gerade Winter ist – touristisch geprägter Ort im Nordosten Neuseelands und wird nur durch eine Bucht von der ersten Hauptstadt des Landes – Russell – getrennt.

Nachdem der Tag der Ankunft mit einer Wanderung zum nächstgelegenen Wasserfall und einem nicht weiter nennenswerten Hitchhiking-Abenteuer für an sich noch unspektakulär war – so wirklich unspektakulär ist hier wegen der Landschaft überhaupt nichts, siehe Galerie – war der nachfolgende Dienstag wohl der spektakulärste Tag seit meiner Anreise (ist auch nicht so schwer, musste sich nur gegen 6 Konkurrenten durchsetzen). Um euch kurz auszubremsen, hier noch ein, zwei Sätze zu dem nicht weiter nennenswerten Hitchhiking-Abenteuer.

Auf unserem Weg zurück von den Haururu-Wasserfällen – dort sind wir direkt nach unserer Ankunft in Paihia hingewandert – stellten wir schon nach kurzer Zeit fest, dass es bis zum Hostel ca. 5 Km waren. Für an sich nicht dramatisch, aber nach einer langen Busfahrt und einer 12 Km-Wanderung durch das Gelände hatten wir einfach keine Lust darauf. Also mal spontan ohne nachzudenken Daumen raus und – ich kann es selbst noch nicht so ganz glauben – das erste Auto hielt gleich mal an. Als das mit dem Nachdenken wieder zurückkam, fiel uns plötzlich auf, dass wir zu sechst waren und der Pick-Up, der angehalten hatte, vier freie Plätze aufwies. Wie der ein oder andere aufmerksame Leser festgestellt haben dürfte, habe ich gerade eben von einem Pick-Up gesprochen. Die Lösung des Problems war also denkbar naheliegend. Dass wir kurz nach (und nicht vor) unserer Ankunft ein Polizeiauto passierten, war reines Glück, denn denen hätten die Passagiere auf der Ladefläche des Autos wohl kaum gefallen….

Jetzt aber zum spektakulärsten Tag seit meiner Ankunft. Mit einem speziell ausgestatteten Bus – dazu später mehr – nahmen wir die insgesamt fast 500 Km auf uns, erster (nennenswerter) Stopp: Cape Reinga.

Dieser Ort ist nicht nur der nördlichste Punkt Neuseelands, sondern hat in der Maori-Kultur eine ganz besondere Bedeutung. Deren Glauben zufolge verlassen hier die Seelen der Verstorbenen die unsere Welt. Um diese Tradition trotz der vielen Besucher zu wahren, hat man sich in Neuseeland entschlossen, das Essen und Trinken zu verbieten.

Auch hier gilt wieder, dass Bilder mehr sagen als tausend Worte, denn abermals wird es wirlich schwer, die unglaubliche Landschaft zu beschreiben. Lange Strände, grüne Hügel, Klippen und sogar ein Leuchtturm prägen das Bild an diesem großartigen Ort. Und als ob das noch nicht genug sei, treffen hier das Tasmanische Meer und der Pazifische Ozean aufeinander. Da man aber keine Farbunterschiede wahrnehmen kann, ist dieser Auftreffpunkt schon in der Realität sehr schwer, auf Bildern dann sogar unmöglich zu erkennen. Was soll’s, das Prinzip zählt.

 

Bewegt man sich ein wenig von Cape Reinga weg (vorausgesetzt man fährt in die richtige Richtung) findet man Sanddünen, für deren Höhe man wohl drei Ziffern und den Meter als Einheit braucht. Es ist unglaublich, wie sich so kurz neben dem Meer ein wüstenähnliches Feeling auftun kann.

Solche Dünen eignen sich natürlich für verrückte Ideen und davon haben die Kiwis genug. Deshalb hat man vor einigen Jahren entschlossen, mit Styroporboards die Hügel runterzurutschen und nennt das ganze Sandboarding. Ein herzliches Dank an dieser Stelle an Sony, denn dank dieser asiatischen Firma und ihren Action-Cams habe ich von dem Event ein paar brauchbare Videos aufnehmen können, die ich euch (hoffentlich) bald zur Verfügung stellen werde.

 

Ein paar Meter weiter – wir sind wieder am Meer – findet sich einer der längsten Strände, die ich erlebt habe. Gut, der Name 90 Miles Beach trifft die Realität nicht wirklich, schließlich beträgt die Länge nur knappe 60 Meilen. Der Grund hierfür ist, dass man vor langer Zeit wusste, dass Ochsen ca. 30 Meilen am Tag zurücklegen konnten und für das Ablaufen des Strandes 3 Tage brauchte. Was man damals nicht bedachte, war, dass Ochsen auf Sand natürlich langsamer laufen und nur noch 20 Meilen am Tag schaffen. Ups.

Dank der schon genannten Sonderausstattung unseres Busses war es uns möglich, an diesem fast verlassenen Strand – schwimmen ist aufgrund der Strömungen lebensgefährlich – entlang zu fahren. Damit ist jetzt keine Straße, die neben dem Strand verläuft gemeint, sondern tatsächlich der Strand selbst. In der Brandung. Wirklich verrückt wird es erst, wenn man bedenkt, dass das offiziell ein Highway ist.

Auf unserem Weg entlang dem unruhigen Meer kommt es uns dann auch tatsächlich wie an einem verlassenen Strand vor. Keine Menschenseele weit und breit (außer natürlich einem Bus voll Traveler), hier ein gestrandeter Wal (kein Scherz!), da das sogenannte Hole in the Rock – ein Fels im Meer mit einem Loch drin, was irgendwie als Touristenattraktion dient.

 

Nach unserer Rückkehr haben wir den Tag noch standesgemäß im Whirlpool ausklingen lassen und es uns bei Bier und Bar gut gehen lassen.

 

Ein voller Tag verblieb noch in Paihia und auch den wollten wir nicht ganz ungenutzt lassen. Also ab in die Fähre und rüber nach Russell geschippert. In dieser Stadt der Seefahrer, Prosituierten und Trunkenbolde (die Zeiten sind zwar inzwischen vorbei, aber immerhin findet man hier die älteste Bar Neuseelands) startet ein Wanderweg, der 16 Km weit durch unbeugsames Gelände zurück nach Paihia führt. Auch wenn sich nur zwei Leute für diese zweibeinige Odyssee gefunden haben (der Weg ist nicht immer ausgeschildert…) haben wir die Reise auf uns genommen. Sportlich, sportlich, ne?

 

Inzwischen bin ich wieder zurück in der Stadt (sprich Auckland) und war sogar schon produktiv (damit meine ich nicht die Bartour gestern). Heute Morgen ein Jobinterview hinter mich gebracht und mich daraufhin mal wagemutig zu meinem ersten Couchsurfing-Abenteuer aufgemacht. Gelandet bin ich in Takapuna, einem Vorort von Auckland, bei John, einem Kungfu-Lehrer. Abenteuerlich wird es, wenn man bedenkt, dass John praktisch in seinem Trainingsstudio lebt. Heißt auf gut Deutsch, ich übernachte in einer Kungfu-Halle. Ist doch auch mal was….

 

Alles was noch bleibt ist der Plan für die nächsten Tage. Morgen werde ich John auf einen Wettkampf begleiten, wobei ich als Fotograf dienen werde. Mit ein wenig Glück geht es dann ab Montag wieder zurück in die Innenstadt, weil mein Job anfängt. Wie gesagt, mit etwas Glück.

 

Aber wer weiß schon was kommt – wenn ich eines gelernt habe, dann dass es keinen Sinn macht, hier länger als 3 Tage zu planen. Außer beim Essen – XXL-Packungen sind günstiger.

Sei der Erste der einen Kommentar abgibt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.