Es gibt nicht viel auf dieser Welt,
Woran man sich halten kann.
Manche sagen die Liebe,
Vielleicht ist da was dran.
Und es bleibt ja immer noch Gott,
Wenn man sonst niemand hat.
And’re glauben an gar nichts,
Das Leben hat sie hart gemacht.
Die Toten Hosen – Bayern
Nicht jedem fällt es leicht, sein bisheriges Leben aufzugeben, alles hinter sich zu lassen und einfach in die weite Welt zu ziehen. Immerhin gibt es so einiges zu verlieren. Die Stütze des Alltags, den sicheren Job, die bekannten Freunde, das Gefühl, ein Zuhause zu haben oder die altbekannte Komfortzone. Es ist noch gar nicht allzu lang her, da habe auch ich mich gefragt, wie man ohne all das überhaupt überleben kann. Heute, nachdem ich auf meinem Weg viele Menschen getroffen habe, die in einem Alter, das andere nutzen, um eine Familie zu gründen, den entscheidenden Schritt wagten und alles aufgaben, weiß ich es besser. Wir denken immer, die unterschiedlichsten Dinge zu brauchen, um uns wohl zu fühlen. Dabei braucht es nicht viel. Alles, was ich brauche bin ich. Und mich habe ich immer dabei.
Wir leben in einer Welt, die sich schon fast im Sekundentakt ändert. Nicht wenige haben weder die Ausdauer noch die Lust mit dieser Schnelllebigkeit mitzuhalten und suchen sich sichere, feste Stützen, um nicht vom Strom der Zeit ins Meer der Gleichgültigkeit gezogen zu werden. Es kann ein Haus sein, dass uns Sicherheit gibt. Vielleicht auch eine Person, ein Tagesablauf oder sonst eine Art der Beständigkeit.
Wer reist, gibt all das auf. Man löst sich von all diesen Stützen und wagt den Sturz in die reißende Kraft des Wassers. Das Risiko, dabei zu ertrinken, ist nicht ganz zu verleugnen, aber nach einer Weile lernt man zu schwimmen. Erst wer es schafft, sich auch in den Weiten des Meers fortzubewegen ist wirklich frei. Er braucht keinen Rückhalt mehr, kann gehen wohin er will und die dadurch neu gewonnenen Möglichkeiten ausschöpfen.
Es ist keine Kunst, zu schwimmen. Jeder kann es lernen, man muss nur den Sprung ins kalte Wasser wagen. Was wir in der heutigen Welt oft und gerne vergessen ist nämlich, dass es nicht viel braucht, um die Sicherheit der Beständigkeit zu genießen. Man braucht keinen Ort, keine Arbeit und keinen Tagesablauf. Alles, was man braucht, ist das Bewusstsein, dass man mit der eigenen Person immer eine Erinnerung an alte Zeiten, das Zuhause und gemachte Erfahrungen im Gepäck hat. Es macht zunächst Angst sich alleine in einer großen Welt, die morgen schon nicht mehr ist wie heute, wiederzufinden. Man hat keine Schulter zum Anlehnen, keinen Partner zum Reden, keinen Ort, um sich zurückzuziehen. Die Sicherheit der Gruppe geht verloren, der Druck der Verantwortung wächst. Wenn ich mich an meine ersten Stunden in Auckland zurückerinnere, waren das sicher mit die schwierigsten in meinem bisherigen, kurzen Leben. Rausgerissen aus dem sicheren, geregelten Leben eines Schuljungen fand ich mich plötzlich in einer Metropole wieder, die nicht nur am anderen Ende der Welt lag, sondern mir vollkommen befremdlich wirkte. Kein bekanntes Gesicht, keine Ahnung, was ich dort zu suchen hatte. Das war nicht Hong Kong, das war kein Urlaub. Das war der Beginn meines neuen Lebens; der Sprung ins kalte, mitreißende Wasser des Stroms der Zeit.
Wer reist, der lernt. Wohl das Wichtigste, was ich nach einer Weile lernte war, dass ich diesen geregelten Tagesablauf, das sichere Einkommen oder den Ort zum Zurückziehen nicht brauche. Zugegebenermaßen, die Menschen, die mir schon zuvor Sicherheit gaben, brauche ich immer noch, aber das stetige Bewusstsein, dass ich ihre Unterstützung bekomme, wenn ich sie am nötigsten habe, gibt mir eine Befriedigung, die diese Menschen zwar nicht ans andere Ende der Welt befördern, aber ihre Präsenz in gedanklicher Hinsicht sichern kann.
Ich habe keine Angst mehr vor der großen, weiten Welt. Keine Furcht, in der Schnelllebigkeit unterzugehen, keine Sorge, mich dort wiederzufinden, wo ich nie sein wollte. Denn was ich heute weiß ist, dass das „Ich“ als Stütze in meinem Leben, die mir die nötige Beständigkeit gibt ausreicht. Wer dieses Bewusstsein geschaffen hat, kann endlich damit aufhören, die Zeit im Alltag zu verschwenden und damit anfangen, Risiken einzugehen, um das Leben, von dem er träumte zu seiner Realität zu machen.
Sei der Erste der einen Kommentar abgibt