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Neapel & die Woche mit Judith

In der Stadt am Fuße des Vesuv angekommen, fanden wir einen Bus, der uns zum Hauptbahnhof brachte, von wo aus wir mit der Metro bis zum Piazza Municipale fuhren. Mit dem Handy als Navigationsgerät in der Hand schlängelten wir uns durch unzählige Kreuzungen und Baustellen, bis wir uns im italienischen Großstadtdschungel vor ein Gebäude durchgekämpft hatten, dessen Anschrift mit der Adresse auf meinem Handy übereinstimmte. Der Name unseres Hostels – Bella Capri – zierte nebst einer Vielzahl anderer Namen und Logos die Wand neben der Klingel und da auf unser Klingeln selbst keine Reaktion kam, mussten wir warten, bis eine Mutter mit Kind vorbeikam, die offensichtlich dort wohnte und uns die Türe zum Innenhof des Gebäudes öffnete. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass der Komplex dreigeteilt war und kämpften uns aufgrund meiner Abneigung gegenüber dem engen, definitiv renovierungsbedürftigen Aufzug drei Stockwerke die hoch, bis ich erschöpft Sympathie für das stählerne Gefährt empfand und mich zu einer Fahrt überreden lies. Drei weitere Stockwerke später, also im sechsten, suchten wir unser Hostel, das laut Anschrift am Eingang hier zu finden sein sollte. Nichts. Nur zwei langweilige Türen zierten den unspektakulären Flur und wir entschieden, die Reise zurück zum Eingang anzutreten.
Beim zweiten Versuch – wir befanden uns inzwischen im richtigen Teilgebäude – hatten wir mehr Glück und bezogen unsere Betten im Vierbettzimmer eines lieblos gestalteten Hostels, das zu unserer Zufriedenheit immerhin sauber war. Nach einer Erholungspause und ersten Grüßen in die Heimat entschieden wir uns, zum Abendessen aufzubrechen, wobei uns Seize, ein schlanker, hochgewachsener Franzose, der inzwischen schon vier Tage in Neapel verbracht hatte und uns aufgrund seines komplizierten, vollkommen unaussprechlichen Namens eben diesen Spitznamen anbot, zu einem seiner Aussage nach guten und günstigen Restaurant geleitete. So fanden Judith und ich uns wieder im etwas ärmeren, spanischen Viertel von Neapel, wo wir in uns bis dato unbekannter Atmosphäre dinierten.
Denella hieß das Lokal, dessen Sonderheiten schon damit begannen, dass man um einen Tisch zu bekommen seinen Namen an der Kasse eintrug und vor der Terrasse auf seinen Ausruf wartete. Ich entschloss mich gegen meinen spontanen Einfall, mich als Alessandro vorzustellen, um mich am sicherlich klischeebelasteten Ausruf zu erfreuen und somit bezogen wir nach ca. 30 Minuten zum Ruf „Alex“ unseren Tisch.

Im Prinzip nur zwei Gänge. Oder doch drei?

Die Speisekarte war übersichtlich auf einem billig laminierten A4-Blatt gehalten und beinhaltete „Menu completo“ für 12€ und „Menu completo con Antipasti“ für 14€. Judith und ich entschieden uns für die günstigere Variante und wählten aus dem ersten und zweiten Gang unsere gewünschten Speisen, die wir einem der vielen Kellner, die scheinbar planlos und vollkommen durcheinander die Kunden bedienten und sich lautstark durch das ganze Restaurant unterhielten, mitteilten. Als das Essen wenige Minuten später habe hatte ich gerade meine Kamera in der Hand, was den Kellner, der schon wieder ein ganz anderer war als der, der noch unsere Bestellungen entgegengenommen hatte, nicht im Geringsten störte. Ein Teller nach dem anderen drückte er mir in die noch freie linke Hand. Selbst als ich bei dem Versuch, den vierten Teller abzustellen ein Glas Wasser über meine Hose kippte, machte er keine Anstalten, sein Arbeitstempo zu verringern. Wenig später kam noch ein Stück Fleisch von irgendwo angeflogen – meine Hauptspeise – und ein Herr bot uns an, uns aus einem Korb Nektarinen zu bedienen. Als wir unsere Rechnung vom 24€ bezahlt hatten, waren wir vermutlich viele erschöpfter als noch vor dem Abendessen, sodass wir die drei jungen Mädchen von höchstens zehn Jahren, die uns auf einem Roller fahrend passierten, wenig kommentiert hinnahmen.
Am nächsten Morgen stand unsere Busfahrt nach Bari an, wo wir Francesco, den wohl nettesten Hostelbesitzer überhaupt kennenlernten. Der in Apulien geborene Italiener fiel neben seiner Offenheit und Hilfsbereitschaft hauptsächlich durch seine Augen auf, deren Form vermuten lies, dass sein Kopf mit den Augäpfeln nicht ganz einverstanden war und sie mit aller Gewalt heraus zu drücken versuchte.

Ostuni wirkt auf den ersten Blick wie eine griechische Stadt.

Die Tage vergingen, wir besuchten Polignano a Mare – ein kleiner touristisch geprägter Strandort – schwammen in einer Höhle, sprangen von Felsen und verließen Bari nach drei Nächten, um nach Ostuni weiter zu ziehen.

Der Ort liegt ca. sechs Kilometer von der Küste entfernt auf einem Hügel und erinnert durch seine weißen Häuser ein klein wenig an griechische Architektur. Von dort aus begaben wir uns, nachdem wir feststellten, dass die entsprechende Bahnstrecke von ca. 20 Minuten nur alle zwei Stunden bedient wird, nach Brindisi, einer Hafenstadt mit leider zu vielen Touristen. Von hier aus sollte ich ein paar Tage später mit dem Segelboot starten.
Nachdem wir schon zwei Tage in Brindisi verbracht hatten, verabschiedete ich mich sonntags schweren Herzens von Judith, die den Heimflug antrat. Weil Hermann angekündigt hatte, erst gegen 17 Uhr einzulaufen, verbrachte ich also noch einen Tag in der Stadt, die für so einen langen Zeitraum eigentlich gar nicht genügend Attraktionen bietet.

Am Hafen Brindisis bieten wunderschöne Sonnenuntergänge die richtige Atmosphäre für lange Schatten.

 

 

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