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974km – Per Anhalter durch Neuseeland

Rekord! Nicht nur die Strecke von Motueka am Nordende der Südinsel bis nach Gore ganz im Süden Neuseelands, sondern auch die 460km, die ich am ersten der drei Tage zurücklegte stellt für mich einen persönlichen Hitchhikingrekord auf – einer für die Längste Strecke innerhalb eines Tages und einer für die längste zusammenhängende Gesamtstrecke ohne Pause. Damit habe ich meine selbsternannte Feuerprobe erfolgreich bestanden und darf mich ab sofort voller Stolz und Erfahrung Anhalter nennen. Daran können auch die knappen zwei Stunden Wartezeit in Kaikoura nichts ändern.

Weil ich nicht nur ein vollausgebildeter, motivierter und ambitionierter Hitchhiker, sondern auch ein ausgesprochen netter Mensch bin (gutaussehend, intelligent und bescheiden nicht zu vergessen) werde ich mir die Mühe machen, aus meinem jahrzehntelangen Erfahrungsschatz Tipps für angehende Anhalter rauszugraben.

1.       Location, Location, Location

Der richtige Ort ist beim hitchhiken schon die halbe Miete. Auf der anderen Seite kann man, wenn man mal den falschen Platz erwischt hat, durchaus eine Ewigkeit warten, obwohl man nicht weiß, was man falsch gemacht hat.

Denkt euch bei der Wahl eures Ortes generell, ob ihr selbst als Autofahrer an diese Stelle anhalten würdet oder nicht. Ausreichend Platz, um den Einstieg ohne Behinderung des restlichen Verkehrs zu ermöglichen, sollte selbstverständlich sein.

Vergesst aber auch nie, dass man bei geringeren Geschwindigkeiten und Bereichen, in denen man ohnehin bremsen muss eher anhält als wenn man mit 100km/h auf dem Highway fährt oder gerade aus dem Kreisel heraus beschleunigt.

 

Vor oder hinter der Kreuzung ist immer so eine Sache. Stellt ihr euch vor eine Kreuzung, verpasst ihr viele Autos, die in eure Richtung fahren, aber eben aus einer anderen kommen und werdet von vielen Autos, die bei der Kreuzung abbiegen werden passiert. Auf der anderen Seite sind die Fahrer ohnehin schon beim Abbremsen und halten somit eher an. Nach der Kreuzung dreht sich die ganze Sache natürlich herum. Hier fahren alle Autos in eure Richtung, sind aber beim Beschleunigen. Es macht Sinn die Kreuzung für eine Weile zu beobachten und dann zu entscheiden, ob die hinzukommenden Autos den Nachteil des Beschleunigens ausgleichen.

 

Eine Sache, auf die ihr weniger Einfluss habt, die aber trotzdem nicht außer Acht gelassen werden sollte ist eure großräumige Location. Wollt ihr von Auckland nach Hamilton, so macht es wenig Sinn, sich ans nördliche Ende Aucklands zu stellen, weil man dann eher durch eine Millionenmetropole muss.

 

2.       Schild oder kein Schild?

Meistens wird pauschal zu einem Schild geraten, jedoch habe ich schon viele „Kollegen“ getroffen, die auf den nackten Daumen schwören.

Die Vorteile eines Schilds, auf dem die Destination geschrieben steht liegen auf der Hand. Autofahrer wissen sofort wo ihr hinwollt und Fahrer mit dem gleichen Zielort fühlen sich viel mehr angesprochen.  Man muss aber beachten, dass Autofahrer, die nicht in die gleiche Stadt wollen, einen aber ein Stück mitnehmen könnten, durchaus aufgrund des Schilds weiterfahren, was sie sonst nicht tun würden.

Eine pauschale Antwort auf die Frage, ob man beim Hitchhiken ein Schild benutzen sollte oder nicht kann nicht gegeben werden. Steht ihr direkt vor einer großen Stadt, wollte aber in eine andere (unser Auckland-Hamilton-Beispiel von vorher), dann lasst das Schild weg. Somit halten auch diejenigen, die nur in die Innenstadt fahren und bieten euch vielleicht an, euch ans andere Ende zu fahren.

Gibt es weit und breit nur eine Straße und euer Ziel liegt auf dieser, so macht ein Schild Sinn, weil die Autofahrer mit hoher Wahrscheinlichkeit durch diesen Ort fahren.

Überlegt euch, wo die meisten Autos auf eurer Straße hinfahren und schließt daraus euer Fazit. Ein Schild mit sich zu haben, ist jedoch nie ganz daneben.

 

3.       Sicherheit geht vor

Hört man sich in der unbereisten Alltags-Gesellschaft um, so bekommt man schnell den Eindruck, Hitchhiken sei ungefähr so gefährlich wie sich mit einer Antifa-Fahne auf eine Pegida-Demonstration zu begeben. Wie die meisten Mythen zum Reisen ist das totaler Unsinn. Die größte Gefahr beim Anhalten ist und bleibt der ganz normale Autounfall – den kann ich aber auch mit meinem eigenen Auto haben. Also, anschnallen nicht vergessen…vorausgesetzt es gibt einen Sicherheitsgurt.

 

Prinzipiell gesehen ist es keine gefährliche Situation, sich weniger als einen Meter von einem Fremden entfernt aufzuhalten. Ihr wisst ja, solange man eine Reker’sche Armlänge Abstand hält kann nichts passieren.

Das Ganze wird durch das Auto auch nicht unbedingt gefährlicher. Wollte ich jemanden ausrauben, ich würde es anders machen.

 

Die tatsächlich nicht zu unterschätzende Situation ist die, wenn der Rucksack schon seinen Platz im Auto gefunden hat, der Hitchhiker selbst aber noch vom  Kofferraum zum Vordersitz laufen muss. Gibt der Fahrer in diesem Moment Gas, ist zwar nicht Hopfen und Malz, aber zumindest der Backpack verloren. Eine Möglichkeit das zu verhindern ist möglich viele Türen zu öffnen (z.B. die Beifahrertür öffnen und offen lassen wenn man nach dem Reiseziel fragt), weil die Wahrscheinlichkeit, dass das Auto so losfährt geringer ist.

 

4.       Eins und eins gibt zwei

Gerade bei längeren Strecken ist es schon fast selbsterklärend, dass man keinen Ride für die Gesamtstrecke findet. Immer wieder halten Autos an und geben einem die Möglichkeit, bis ans andere Ende der Ortschaft oder an eine bessere Stelle mit zu fahren. Wer diese Chancen nicht nutzt, kommt nie an sein Ziel an. Ein jeder Hitchhike besteht aus kleineren Teilstücken, somit ist jedes anhaltende Auto Gold wert.

 

Hitchhiken ist keine Raketenwissenschaft. Es bedarf nicht mehr als den Mut, es zum ersten Mal zu tun und ein bisschen generellen Menschenverstand. Als Belohnung erhält man nicht nur die Möglichkeit, kostenlos zu reisen, sondern lernt viele verschiedene Menschen und ihre Geschichten kennen, erhält Tipps von den Locals und entdeckt durchaus Orte, die man in keinem Reiseführer der Welt findet. Ist übrigens auch in Deutschland nicht illegal!

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